Gedanken zur Artenvielfalt
und naturnahen Gärten
D ie Bedeutung von naturnahen Gärten
69 Hektar oder 690.000 m²: bildlich sprechen wir dabei von ca. 100 Fußballfeldern. Das ist die Fläche, die in Deutschland mit einem festen Belag dauerhaft versiegelt wird, und zwar täglich! Ehemalige Naturfläche bzw. Kulturlandschaft, auf der Wohn- und Gewer-befläche, Industrieparks, Verkehrswege, Infrastruktur usw. errichtet werden und der Boden an diesen Stellen mit einem festen Gesteinsbelag versehen wird. Die Oberflächen dieser versiegelten Böden sowie die darunter liegenden Schichten sind hinsichtlich ihrer „Ökosystem-Dienstleistungen“ damit dauerhaft dem Zugriff von Pflanzen und Tieren entzogen. Ebenso fallen diese Flächen als Rückzugsorte und als grüne Trittsteine für die wandernden Tierarten fort. In diesem Zusammenhang haben allgemeine Grünflächen der Siedlungen aber auch alle privaten Gärten zunehmend an Bedeutung gewonnen.
Was den allgemein starken Rückgang der Artenvielfalt auf unserem Planeten betrifft, ist dieses insbesondere durch die Problematik des Bienensterbens einer breiten Öffentlichkeit bewusst geworden. Alarmierende Zahlen lieferte schließlich die sog. „Krefelder Studie“ im Jahr 2017: in ausgewählten Untersuchungsgebieten hatte man einen Rückgang von knapp 80 Prozent der Fluginsekten-Biomasse in den vergangenen 27 Jahren festgestellt. Nachvollziehen kann dieses jeder, der nach einer stundenlangen Autobahnfahrt im Sommer hinterher feststellt, dass Windschutzscheibe und Kühlergrill weitgehend „sauber“ sind (im Vergleich zu Autofahrten in den 1970er / 80er Jahren). Mit Ausnahme der chemischen Industrie, Teilen der Politik und natürlich des Bauernverbands ist man sich weitgehend darüber einig, dass maßgeblich die „moderne“ Intensivlandwirtschaft (auf ca. fünfzig Prozent des Bundesgebiets) mit allen Schwierigkeiten eines zu starken Einsatzes von Pestiziden und Düngemitteln sowie der Strukturarmut der Kulturlandschaft dafür verantwortlich ist.
Das Bestreben, jeden Quadratzentimeter Ackerboden gewinnbringend nutzen zu können, hat einen fatalen Kreislauf entfacht: das Ausrotten gängiger Ackerbegleitkräuter hat den Insekten vielfach die Nahrungsgrundlage entzogen. Das typische Maisfeld von heute kennt keine Mohnblume, keine Kornblume und keine Wiesen-Margerite. Fehlende Insekten stehen der Vogelwelt nicht mehr als Nahrung zur Verfügung – mit dem Ergebnis, dass wir, nur in Deutschland, einen Verlust von rund 13 Mio. Brutpaaren in nur zwölf Jahren zu verzeichnen haben. Um auf die Dringlichkeit der Thematik aufmerksam zu machen, wurde die Feldlerche für 2019 sogar bereits zum zweiten Mal zum Vogel des Jahres gekürt. Es geht jedoch auch den Säugetieren von Feld und Flur schlecht. Wann haben Sie das letzte Mal einen Feldhasen gesichtet? Der Feldhamster gilt in einigen Bundesländern bereits als ausgestorben.
U nd die Gärten in den Städten?
Sie scheinen sich als wahre Fluchtinseln für Insekten, Vögel und auch Säugetiere zu entwickeln. Die Amsel beispielsweise, heute zumeist unter den Top drei der häufigsten Gartenvögel, ist ein klassischer Waldbewohner. Genauso verhält es sich mit anderen Besuchern wie Buntspecht oder Kleiber, die an alten und strukturreichen Bäumen der Gärten bessere Nahrungs- und Nistmöglichkeiten als in der ausgeräumten Kulturlandschaft finden. Ebenso hat es den Igel bei allen Verkehrsgefahren vom seinem gewohnten Lebensraum der Waldränder in die Gärten verschlagen.
Es mag schon erstaunlich anmuten, dass viele Tiere einen „verödeten“, mit Rasen, Thuja, Kirschlorbeer und Rhododendron gestalteten Garten immer noch interessanter finden als die Flächen außerhalb der Stadt. Auch bei den Fluginsekten, insbesondere den Wildbienen, hat man festgestellt, dass diese angesichts gigantischer Monokulturen auf den Feldern schlichtweg die Orientierung verlieren, da wichtige Strukturelemente wie z. B. Hecken, Säume etc. beseitig wurden. Gärten können somit im Kleinen als wichtiger Ersatz in Hinblick auf Orientierung, Nahrungsraum, Schutzort und Nistmöglichkeit dienen, wenngleich bei weitem auch nicht für alle Tierarten.
Aus diesen Erkenntnissen kann man als Gartenbesitzer durchaus ein Stück Verant-wortung ableiten, nämlich die naturnähere Gestaltung des grünen Glücks vor der Haustür. Das Gute daran: man kann durchaus seiner eigenen Faulheit frönen – je mehr man die Natur lässt, desto eher stellt sich ein für die Pflanzen- und Tierwelt wünschenswerter Zustand ein. Ein wenig Umdenken bei der nächsten Gartenplanung kann schon helfen: da wäre z. B. die mutige Entscheidung, einmal auf die „immergrünen“ Standards wie Thuja und Co. zu verzichten, da diese für unsere heimische Fauna überwiegend nutzlos sind. Pflanzt man stattdessen beispielsweise die Schlehe, den Weißdorn oder die Eberesche, liefert man nicht nur wertvolle Früchte für die Vögel, sondern bietet auch vielen Schmetterlingsraupen entsprechenden Nahrungsraum. Auch ein bisschen weniger Rasenmähen kann bereits helfen oder die Akzeptanz von Wildkräutern und vieles mehr. Wie sagte schon Loki Schmidt? „Überall, wo es ein wenig unordentlich ist, wächst etwas Geheimnisvolles, Zauberhaftes.“
Ist also alles gut in den Städten? Leider nein, dafür ist der Siedlungsdruck einfach zu groß, und der Flächenfraß schreitet in allen Städten bedenklich voran. Für Hamburg bedeutet dieses z. B. die Beschneidung von Landschaftsschutzgebieten, Bauen auf den (noch) vorhandenen agrarisch geprägten Flächen und innerhalb der bisherigen Frischluftachsen. Die vormals angekündigte „Wohnungsbauoffensive“ mit dem Versprechen, jährlich 10.000 Wohnungen errichten zu wollen, wird ihren Preis fordern. Ganz konkret heißt das nämlich, dass dafür Flächen von mindestens 70 Fußballfeldern versiegelt werden – pro Jahr.
D er naturnahe Garten
Ein Garten mit Buchsbäumchen, englischem Rasen und Baumarktbepflanzung? Langweilig! In Ihrem Garten sollen sich zukünftig vermehrt Bienen, Insekten, Vögel und vielleicht Kleinsäuger wohlfühlen? Dann los!
Ganz wichtig: wer „nur“ einen Balkon sein eigen nennt, sollte trotzdem weiterlesen, denn viele Tipps (z. B. Kübel und Kästen mit Wildblumenmischungen oder Futterhilfen) lassen sich auch ganz einfach auf dem Balkon verwirklichen.
I n der Natur räumt auch keiner auf
Den Rasen schon ein wenig höher stehen zu lassen, hilft Klein- und Bodenlebewesen während der Sommermonate beim Überleben. Auch sind Wildkräuter im Rasen wie verschiedene Wegerich- oder Kleearten keine Schande, sondern für viele Insekten durchaus wertvoll. Will man den Rasen düngen, sollte man zu biologischen Mitteln greifen, da durch die Standardprodukte viel zu viel Stickstoff in den Boden eingetragen wird. Glyphosat und Co. sind im eigenen Garten natürlich tabu und Insektizide sollten nur dann eingesetzt werden, wenn biologische Lösungen nicht weiterhelfen. Beim voreiligen Einsatz von Insektiziden sollte man daran denken, dass häufig auch der natürliche Gegenspieler des Schädlings gleich mit umgebracht wird. Ein Mähroboter mag dem Zeitgeist entsprechen; er macht aber keinen Halt vor Kleinlebewesen, die vor seinen Messern auftauchen.
Wildwuchs im Garten: muss das weg oder nützt es etwa? Z. B. die Brennnesseln: daraus lässt sich nicht nur Salat machen; die Pflanze ist auch Nahrungsangebot für die Raupen unserer häufigsten Schmetterlingsarten. Manch Brennnesselbusch kann so durchaus mehr bewirken als der beliebte Schmetterlingsflieder. Auch Wildpflanzen wie der Giersch, Knoblauchsrauke oder Disteln erfüllen ihren Zweck.
Wenn das Laub fällt, muss nicht alles akribisch beseitigt werden, schon gar nicht mit dem „modernen“ Laubbläser! Man pustet nicht nur das Laub fort, sondern macht auch gleich den Bodenlebewesen den Garaus! Außerdem sind die Dinger laut und fressen Energie. Laub, als Haufen geschichtet in einer Gartenecke, bietet wertvollen Überwinterungsraum für Insekten und Kleinsäuger, da es innerhalb der Schicht gleich mehrere Grad wärmer als außerhalb ist. In den Obst- und Gemüsebeeten hilft eine verteilte Laubschicht als Frostschutz und als erster Dünger im kommenden Frühjahr.
Im Totholz tobt das Leben! Ein Baum ist am Absterben? Schade, aber vielleicht erfüllt er auch danach einen sinnvollen Zweck. Ein stehender Baumstamm, der vor sich hin altert, kann als wertvoller Lebensraum und Niststätte für Vögel und Insekten dienen. Auch liegendes Totholz im Garten, Äste und Zweige sind für viele Lebewesen attraktiv. Im Wald leben mehr als fünfzig Prozent aller Arten am oder im Totholz, an der Zersetzung beteiligen sich bis zu 600 Pilz- und 1.300 Käferarten. Erst, wenn ein Baum alt werden darf, wird er im Laufe von Jahrzehnten (und Jahrhunderten) für viele Arten zum Lebensraum (bei einer Eiche bis zu 1.000 Arten!).
M ehr Vielfalt im Garten!
Die Thuja-Hecke verfärbt sich allmählich braun? Das ist die Chance für eine sinnvolle Korrektur, abseits von Eibe, Kirschlorbeer und Rhododendron… mit heimischen Gehölzen stärkt man das Nahrungsangebot im eigenen Garten und macht ihn für Insekten und Vögel gleich viel interessanter. Eine Hecke, bestehend aus z. B. Schlehe, Weißdorn, Pfaffenhütchen, Holunder, Faulbaum usw. wirft im Winter zwar das Laub ab, ist aber für viele schutzsuchende Vögel – z. B. die Heckenbraunelle oder Mönchsgrasmücke – ein wertvoller Lebens- und Nistraum.
Die Früchte der Gehölze liefern entsprechend Nahrung über den Herbst/Winter für die hier überwinternden Vogelarten. Auch fördert man die Vermehrung vieler Nützlinge, die dann als natürlicher Gegner von Gartenschädlingen (z. B. Blattläusen) wirken.
Eine Steinmauer oder ein geschichteter Steinhaufen ist als Begrenzung doch viel schöner als der praktische Metallstab- oder klassische Jägerzaun. Feldsteine, locker geschichtet (ohne Mörtel) in sonniger Lage bilden einen idealen Lebensraum für Echsen und insbesondere Kleinstlebewesen wie Spinnentiere und Asseln. Auch sind solche Mauern gut zum Umfassen von Hoch- oder Kräuterbeeten geeignet, in denen man mit heimischen Gemüse- und Kräutersorten die Vielfalt im Garten enorm bereichern kann. Vollkommen nutzlos für die Natur sind übrigens die mittlerweile beliebten Begrenzungen in Form von Gabionen (Metallkörbe, aufgefüllt mit Steinen) sowie Bodenflächen, die komplett mit Kieselsteinen bedeckt sind. Nur, wer auf einen „toten“ Garten Wert legt, ist mit solchen Installationen gut beraten.
Wenn möglich, sollte man in einer sonnigen Ecke eine Sandfläche erschaffen. Mit Glück wird diese als Wohnraum von Insekten angenommen. Ansonsten gibt es genügend Vögel, die dankbar sind, sich in einem Sandbad gründlich zu reinigen.
Wer Platz und Lust hat, der legt sich einen eigenen Gartenteich zu. Ein Gewässer im Garten fördert nicht nur den Lebensraum unserer Amphibien und Libellen; die Präsenz von am und über dem Wasser lebenden Insekten ist für Singvögel und Fledermäuse anziehend.
Tierisch helfen
Der Handel hält zahlreiche Ideen bereit, mit denen man im Garten den Tieren das Leben etwas erleichtern kann. Vielen Vögeln sind in der Natur geeignete Nistmöglichkeiten abhanden gekommen. Nisthilfen, die an und in Bäumen aufgehängt werden, bieten Wohnraum für den Nachwuchs und im Winter ebenfalls einen geschützten Platz für Kleinsäuger in der Winterruhe. Bei der Wahl der Nisthilfe sollte beobachtet werden, welche Vögel überhaupt in der Umgebung vorkommen und welche man fördern möchte. Der Zaunkönig braucht eine andere Nisthilfe als die Meise, und die Reihenhaussiedlung für die Sperlinge wird vom Gartenrotschwanz verschmäht. Die Nisthilfen sollten stets geschützt, „katzensicher“ und mit dem Einflugloch in östlicher Richtung installiert werden.
Für Fledermäuse und Igel gibt es ebenfalls geeignete Nisthilfen und Häuser, die man in geschützten Ecken des Gartens hängen oder stellen kann.
Futterhäuser und Futtersäulen stellen eine wichtige Ergänzung zum Nahrungsangebot aus der Natur dar und werden in Zeiten des Insektenmangels immer wichtiger – übrigens auch im Frühjahr/Sommer, wenn die gestressten Vogeleltern nur mit Mühe und Not genügend Insekten für den Nachwuchs finden und sich selbst zumindest zeitweise auf Körnernahrung umstellen können.
Eichhörnchen freuen sich über passende Nahrung in eigens dafür konstruierten Futterstationen.
Eine Vogeltränke im Garten ist gerade in heißen Sommern wichtig für die Flüssigkeitsversorgung; es wird aber auch gerne darin gebadet. Deshalb ist ein sehr regelmäßiger Austausch des Wassers vonnöten.
E in Schlemmerparadies für Insekten
Nicht nur die Bienen sind als Bestäuber unterwegs, ebenso, wenn auch weitaus weniger, die riesigen Familien der Käfer- Falter- und Schwebfliegenarten. Damit diese Tierchen ausreichend Nahrung finden, gilt es, im eigenen Garten ein möglichst ganzjähriges Nektarangebot zu gestalten, vom zeitigen Frühjahr bis in den Spätherbst. Das fängt mit geeigneten Frühblühern an, indem man z. B. Krokusse und Winterlinge in zahlreicher Menge in den Rasen pflanzt. Diese sind i. d. R. verblüht, bevor der erste Rasenschnitt erforderlich wird. Alle heimischen Obstbäume spenden ein wertvolles Nahrungsangebot ebenso wie die gängigen Kräuter, z. B. Thymian, Salbei und Lavendel. Auch viele unserer heimischen Gemüsesorten sind für Insekten attraktiv. Natürlich bieten ebenso alle heimischen Beeren- bzw. Steinobstgehölze ein für Insekten wertvolles Nektar- und Pollenangebot.
Alle für Insekten geeigneten Zierpflanzen zu benennen, würde hier den Rahmen sprengen. Im Internet findet man aktuelle Listen unter der Stichwortsuche „Übersicht geeigneter Nektarpflanzen“, z. B. beim NABU. Auf eine Pflanze soll hier dennoch hingewiesen werden: die Familie der Glockenblumen. Diese sind ein wahrer Bienenmagnet und dienen den Tieren auch als Schlaf- und Rendezvousplatz. Schauen Sie am frühen Abend einmal in die glockenförmigen Blüten.
Auf „Exoten“ aus dem Baumarkt sollte man verzichten, ebenso wie auf Blumen mit gefüllten Blüten. Bei diesen Pflanzen hat der Gärtner die Staubblätter zugunsten einer größeren Blüte weggezüchtet. Dadurch spendet die Blume aber kein Pollenangebot.
Um noch einmal darauf hinzuweisen: ein im Garten geeignetes Pflanzenangebot erhöht die Anzahl der vorkommenden Insekten. Dieses zieht normalerweise nach sich, dass auch Singvögel sich dort wohl fühlen.
Wildbienen erwünscht!
Knapp 300 Wildbienenarten, davon 30 Hummelarten, sind in Schleswig-Holstein nachgewiesen worden. Zumeist wird in der Öffentlichkeit darüber berichtet, wie schlecht es den Honigbienen geht. Im Gegenzug erfahren die Wildbienen keine Betreuung durch den Menschen und sind in ihrer Nahrungswahl zumeist auf bestimmte Pflanzen spezialisiert.
Aber gerade den Wildbienen und besonders den Hummeln kommt eine äußerst wichtige Rolle als Bestäuber zu, und diese leiden besonders stark unter den Folgen der Intensivlandwirtschaft. Die für die Menschheit bisher kostenlose Dienstleistung der Bestäubung durch Wild- und Honigbienen wird weltweit auf einen Gegenwert von mehreren hundert Milliarden Dollar pro Jahr geschätzt!
Im eigenen Garten kann man für Wildbienen eine ganze Menge tun. Das fängt damit an, für geeignete Nistmöglichkeiten zu sorgen. Die meisten Wildbienen leben solitär, bilden also keinen Staat und bauen sich für die Eiablage eine oder mehrere Niströhren bzw. nutzen bereits vorhandene. Da die meisten Wildbienen im Boden nisten, kann es sinnvoll sein, im Garten auf einer sonnigen Fläche den Rasen oder Mutterboden zu entfernen, um dort eine Sandfläche zu schaffen. Eine ausrangierte Spielsandkiste tut es natürlich auch. Solche Flächen aus Sand und durchlockertem Erdreich werden gerne angenommen. Auch kann man an sonnigen Stellen Haufen aus gehäckseltem Holz, aus Ästen, Reisig, Laub und Moos aufschichten – dieses kann für Hummeln interessant sein.
Für die Wildbienen, die Niströhren bevor-zugen, kann man Halme aus Schilf oder Bambus in verschiedenen Stärken aufhängen (waagerecht). Im Fachhandel kann man auch fertige Röhrchen in unterschiedlichen Durchmessern aus Pappe erwerben. Die Röhrchen kann man z. B. in leere Konser-venbüchsen stecken und aufhängen oder hinstellen. Wildbienen nehmen auch sehr gerne Bohrungen im Holz an. Dazu bohrt man in liegendem und stehendem Holz Löcher mit verschiedenen Durchmessern hinein, und zwar in die Stirnseite des Holzes, d. h. „von vorne“, wie man den Baumstamm in der Natur vor sich sehen würde. Die Bohrlöcher dürfen keinen scharfen, ausgefransten Rand aufweisen, sonst werden sie nicht gerne angenommen. Bei der Wahl des Holzes sollte das von Laubbäumen bevorzugt werden.
Verschiedene Wildbienenarten nisten auch gerne in steinigen Strukturen, in Mauern usw. Für diese Tiere kann man geeignete Niststeine aufstellen; allerdings sollte man sich vorher informieren, was in diesem Bereich tauglich ist (z. B. www.wildbiene.com). Das Gleiche gilt für die beliebten, standardisierten „Bienen- bzw. Insektenhotels“ aus dem Baumarkt. Diese Massenproduktionen mit z. B. eingelagerten Kiefernzapfen bringen für Wildbienen zumeist nicht viel.
Wildbienen mögen es nicht gerne, sehr weit zu wandern. Möchte man diese Tiere erfolgreich im eigenen Garten etablieren, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: das richtige Angebot von Wohnraum, Nahrung und auch Baumaterial für den Nistplatz (Sand, Pflanzenteile,…). Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist der angebotene Lebensraum tendenziell uninteressant.
D as Nahrungsangebot für Wildbienen
Die meisten Wildbienenarten leben für nur einige Wochen im Jahr und manche Arten sind auf nur wenige oder gar eine Pflan-zenfamilie(n) spezialisiert. Die Evolution hat es so eingerichtet, dass Pflanze und Biene sozusagen wie „Schloss und Schlüssel“ zueinander passen. Fehlt einer bestimmten Pflanze zur Blütezeit die auf sie spezialisierte, bestäubende Biene, kann sich die Pflanze nicht vermehren – fehlen im Gegenzug während der Lebenszeit einer Wildbiene die passenden Nahrungspflanzen, muss die Biene (ver)hungern und findet nicht ausreichend tauglichen Pollen für den Nachwuchs. Daraus ist zu schlussfolgern, mit geeigneten Stauden und/oder Blumensaat den Blütenflor zwischen Frühjahr und Herbst mit der Flugzeit der Wildbienen zu synchronisieren.
Wenn im ausklingenden, aber noch kalten Winter die ersten Hummelköniginnen in Erscheinung treten, ist für diese eine schnelle und ausreichende Nektaraufnahme überlebenswichtig. Die bereits erwähnten Frühblüher (Krokusse) leisten hierbei einen wertvollen Dienst. Mit dem Pflanzen einer Salweide im Garten kann man einen weiteren wichtigen Nektarlieferanten in der jungen Jahreszeit garantieren. Als letzter Kandidat im Jahr liefert dann der häufig unbeliebte, weil stark rankende, Efeu noch einmal wertvollen Nektar für einige Hummelarten.
Rasen ist langweilig und muss gemäht werden? Dann wandeln Sie doch einen Teil davon in eine blühende und wohlduftende Blumenwiese um! Damit es ein Erfolg wird, gibt es auch hier einiges zu beachten. Wichtig ist ein sonniger Standort, im Schatten gedeihen viele Wildblumen nicht gut, und auch die Wildbienen mögen es sonnig und warm. Leider lässt es sich nicht vermeiden, die Grasnarbe am gewählten Standort komplett zu entfernen. Der darunter liegende Mutterboden sollte von großen Steinen befreit und mit frischer Erde (torffrei!) angereichert werden. Wichtig ist das Einbringen einer größeren Menge von Sand in den Boden – die Blumenwiese soll damit „abgemagert“, d. h. der Eintrag von Nährstoffen reduziert werden.
Im Frühjahr kann dann geeignete Wild-blumensaat in das neue Beet eingearbeitet werden. Wichtig ist die Wahl des richtigen Saatguts, idealerweise von regionaltypischen Pflanzen (z. B. www.rieger-hofmann.de) – denn die norddeutsche Wildbiene kann mit einer Pflanze, die vorzugsweise im Süden der Republik gedeiht, für gewöhnlich nichts anfangen. „Baumarkt- oder Discountermi-schungen“ sollten nicht gekauft werden, denn diesen sind sehr häufig für Wildbienen nutzlose Pflanzen beigemischt. Das Saatgut sollte eher spärlich ausgebracht werden, denn die neuen Pflänzchen mögen nicht gerne gegeneinander konkurrieren. Ist das Saatgut einmal feucht geworden, muss es in den kommenden Wochen auch regelmäßig bewässert werden. Danach heißt es, sich ein wenig in Geduld zu üben, denn viele Pflanzen erscheinen noch nicht im ersten, sondern erst im zweiten Jahr. Die Wildblumenwiese wird auf keinen Fall gedüngt und braucht auch nur im Spätherbst geschnitten zu werden. Man kann den Schnitt auch im darauffolgenden Frühjahr durchführen: über die verbleibenden Samenstände im Winter freuen sich Vögel wie z. B. Sperlinge und auch Insekten, die dort Schutz suchen.
Wenn Sie dann während des Sommers Ihre in Pracht stehende Blumenwiese besuchen, nehmen Sie sich die Zeit, die Abläufe in der Wiese zu beobachten: wer besucht welche Blüte? Wo lauern bereits Spinnen und Schrecken auf Beute im neugeschaffenen Refugium? Kleine Hügelchen innerhalb der Wiese lassen darauf schließen, dass sich Wiesenameisen dort wohlfühlen, wichtige Lebewesen für die Bodenfruchtbarkeit. Die Wiese schafft auch ein eigenes Mikroklima und Feuchtemilieu. Schnecken, Asseln, Zikaden, Falter u. v. m. fühlen sich in den unterschiedlichen Etagen der neuen Pflanzen wohl und nehmen diesen Lebensraum gerne an.
Sie können sich aber auch einfach in den Garten setzen, den Anblick genießen und an Goethe denken, der schon wusste: „Blumen sind die schönen Worte und Hieroglyphen der Natur, mit denen sie uns andeutet, wie lieb sie uns hat.“ <